Zum Auftakt der Spiel.digital am kommenden Donnerstag fand am Montag die Pressekonferenz mit Dominique und Max Metzler vom ausrichtenden Friedhelm Merz Verlag sowie Hermann Hutter, Vorsitzender der Spieleverlage e.V. statt.
„Wären wir heute in Essen, würden wir gleich die Neuheitenschau eröffnen und der Trubel würde beginnen“ – mit diesen Worten eröffnete Dominique Metzler die Pressekonferenz zur ersten Spiel.digital, die am Donnerstag, 22. Oktober, um 10 Uhr beginnt und dann ohne Pause bis Sonntag, 25. Oktober, 24 Uhr andauert. „Für viele Aussteller ist die Spiel lebenswichtig“, ergänzte Max Metzler. „Sie stellen ihre Neuheiten und Prototypen vor und für viele ist die Messe die einzige Chance, ihre kleinen Auflagen zu verkaufen.“ Ein ersatzloser Wegfall dieses Events hätte vor allem den kleineren Verlagen große Probleme bereitet.
Domain rechtzeitig gesichert
Da eine digitale Unterstützung der klassischen Messe schon länger angedacht war, hatte sich der Friedhelm Merz Verlag bereits im Juli vergangenen Jahres die Domain spiel.digital gesichert. Unter dieser Adresse findet nun die erste digitale Version der größten Brettspielmesse weltweit statt – an die klassische Variante ist aufgrund der Corona-Pandemie nicht zu denken. „Ein Jahr ohne Spiel geht nicht“, erklärte Dominique Metzler. „Wir wollten einen Ersatz schaffen, der ans Original herankommt. Mit vielen Interaktionen und Möglichkeiten, die Spiele nicht nur vorzustellen, sondern auch auszuprobieren.“ Das gelingt dank Brettspielsimulatoren wie Tabletopia und Board Game Arena. In den vergangenen Monaten ist so eine einzigartige Messe- und Brettspielplattform entstanden, deren Inhalte nach Messeende überwiegend online bleiben. Damit schafft der Friedhelm Merz Verlag mit Spiel.digital letztendlich auch ein neues, modernes Informationsportal, von dem die Branche langfristig profitieren wird.
Für die Onlinemesse wurden 17 Themenwelten erschaffen. Für jede Themenwelt gibt es auch Heatmaps, sodass jeder Besucher direkt erkennen kann, an welchen Ausstellerständen gerade besonders viel los ist. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit zu Live-Chats mit Spieleerklärern sowie ein Rahmenprogramm, das Gewinnspiele, Turniere und Rabattaktionen beinhaltet. Für Fachbesucher gibt es ein B2B-Bereich, außerdem ein Media-Hub, auf dem Pressevertreter aus aller Welt auf ihre Berichterstattung verlinken können. Eine der größten Herausforderungen war die hohe Internationalität der diesjährigen Spiel. Es nehmen 451 Aussteller aus 41 Nationen teil. Diese befinden sich naturgemäß in unterschiedlichen Zeitzonen, weshalb die Messe in ihrer Online-Version rund um die Uhr läuft.
Lateinamerika auf dem Vormarsch
Unter den angemeldeten Verlagen der Spiel.digital sind viele Erstaussteller. Für sie ist die Online-Messe eine preisgünstige Alternative zur klassischen Spiel, da Reise- und Übernachtungskosten entfallen. Auffällig ist in diesem Jahr die hohe Beteiligung aus Lateinamerika. So stellen insbesondere aus Brasilien zahlreiche Verlage erstmals aus. Auch viele südamerikanische Autoren präsentieren erstmals Prototypen. Die Beteiligung eines neuen Ausstellers aus Westafrika freut die Organisatoren besonders: Nibcard Games ist nicht nur ein junger, ambitionierter nigerianischer Verlag, der bisher 24 Spiele verlegt hat. Er leistet in seinem Heimatland wirkliche Pionierarbeit, veranstaltet neben seiner Verlagstätigkeit auch eine jährliche Tabletop Games Convention und eröffnete erst jüngst das erste Tabletop Games-Café in Nigeria.
Die Eröffnungsshow der Spiel.digital wird am 22. Oktober 2020 um 13 Uhr auf dem deutschen Livestream-Kanal gesendet. Sie bindet auch die vielen anderen internationalen offiziellen Livestreams mit ins Programm ein, die an den vier Tagen in vielen anderen Sprachen über die Neuheiten der Messe informieren. Bei freiem Eintritt können Brettspielfans mehr als 1.400 Neuheiten und Weltpremieren entdecken und an virtuellen Spieltischen ausprobieren. Möglich wird dies durch die Integration der genannten Online-Plattformen Board Game Arena und Tabletopia, auf denen Brettspielbegeisterte wie an einem realen Spieltisch spielen. Beide Plattformen stellen Besuchern der Spiel.digital kostenlose Zugänge zur Verfügung. Wer seine Brettspielschätze auch gleich kaufen möchte, kann das selbstverständlich tun.
Sieger von Spielepreis und innoSpiel
Auf der Pressekonferenz stellten Dominique und Max Metzler noch einmal die Gewinner des Deutschen Spielepreises und des Deutschen Kinderspielepreises vor. In diesem Jahr gab es ein Doppelsieg des Kosmos Verlags. Sieger des Deutschen Spielepreises ist „Die Crew“, der Kinderspielepreis ging an „Die Legenden von Andor junior“. Damit liegen die beiden Hauptpreisträger voll im Trend der kooperativen Spiele, die schon seit einigen Jahren einen steilen Aufstieg erleben.
Traditionell wird auf der Pressekonferenz der Spielemesse auch der Sieger des Preises „innoSpiel“ bekanntgegeben. Mit diesem Preis wird seit einigen Jahren eine besonders originelle und neuartige Spielidee ausgezeichnet. Nominiert waren „Palm Island“ (Kosmos Verlag), „Team3“ (Abacusspiele) sowie „Root“ (Leder Games/Quality Beast). Das Rennen machte in diesem Jahr „Root“, das mehrere Spielgenres in hervorragender Ausstattung und Gestaltung auf einem Brett vereint. Es ist nicht nur Strategie- sondern zugleich Mehrheitenspiel, Eurogame, Handels- und Deckbauspiel. „Root“ spielt sich in jeder Rolle komplett anders, doch immer verzahnt der Autor alle Mechanismen auf nahezu perfekte Weise kunstvoll miteinander.
Rund um den Erdball wird gespielt
Damit Brettspielbegeisterte nicht ganz auf ihr haptisches Vergnügen verzichten müssen, bindet die Spiel.digital mit ihrem Programmpunkt „Spiel Local“ Brettspielläden, -cafés und größere Spieletreffs aktiv ins Messegeschehen ein. Rund um den Erdball werden Spielebegeisterte während der Messelaufzeit kleinere lokale Events in Deutschland, Argentinien, Belgien, Brasilien, Iran, Kanada, Österreich, Schweden, Schweiz, Spanien und den USA aufsuchen können, um auch dort Neuheiten zu spielen. Eine Übersicht aller Teilnehmer finden Besucher der Spiel.digital unter dem Programmpunkt „Spiel Local“.
Die Branche verzeichnet hohe Zuwächse
Aus Günzburg war Hermann Hutter, Vorsitzender des Vereins Spieleverlage, zugeschaltet, um einen Überblick über die Branchenzahlen zu geben. Gerade in der Corona-Krise habe sich gezeigt, dass spielen zum einen kommunikativ ist und ein gemeinsames Erlebnis schafft, wie es sonst nur Reisen und Ausflüge machen. An der Spitze der positiven Entwicklung stehen Erwachsenenspiele. Deren Abverkauf hat sich um knapp 30 Prozent gesteigert. Weiter gibt es hohe Absatzzahlen bei Exit/Escape- Spielen, aber auch Logikspiele tragen zu dieser Entwicklung bei. Seit einiger Zeit stehen Partyspiele stark im Fokus, die besonders gern von Jugendlichen und jungen Erwachsenen gespielt werden. „In der Altersgruppe der 15- bis 35-Jährigen ist spielen wieder sexy geworden“, erklärte Hermann Hutter.
Kinderspiele sind ebenfalls weiterhin sehr beliebt und haben sich um rund 13 Prozent gesteigert, Kartenspiele ebenfalls um 13 Prozent, Reisespiele nahmen um 12 Prozent zu. Trotz coronabedingt fehlender Kino-Blockbuster konnten auch Lizenzthemen mit rund 20 Prozent am Branchenwachstum teilhaben und sind bei rund 12 Prozent der Spiele und Puzzles mit im Boot. Nur wenige Novitäten wurden verschoben, manches Produkt hat aber aufgrund der schwierigen Produktionskapazitäten erst verspätet das Licht des Marktes erblickt. Hermann Hutter zeigte sich während der Pressekonferenz positiv gestimmt: „Die Spieleverlage erwarten weiterhin ein hohes Interesse an Spielen und Puzzles. Spielen wird auch längerfristig viele Menschen begeistern und gerade in einer Phase, in der die Menschen weniger verreisen oder andere Aktivitäten einschränken, ein attraktives Thema für das Miteinander sein. An Nikolaus und Weihnachten werden deshalb Spiele zu den beliebtesten Geschenken gehören oder auch am Silvesterabend gern integriert werden.“